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Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 02.11.2006
Aktenzeichen: 5 TaBVGa 196/06
Rechtsgebiete: BetrVG, GwG
Vorschriften:
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1 | |
GwG § 14 Abs. 2 |
Dies gilt jedenfalls, wenn die Aufforderung sich nicht nur an die für Finanztransaktionen zuständigen Arbeitnehmer richtet.
Tenor:
Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) gegen die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Frankfurt a. M. vom 19.10.2006 und 26.10.2006 - 19 BVGa 667/06 - werden zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um Unterlassungsansprüche des Beteiligten zu 1. (Gesamtbetriebsrats) im Hinblick auf ein von ihm in Anspruch genommenes Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Die Beteiligte zu 2. (Arbeitgeberin) ist ein Finanzdienstleistungsinstitut im Sinn von § 1 Abs. 1 a KWG. Sie beschäftigt bundesweit ca. 430 Arbeitnehmer in zu drei Betrieben zugeordneten Betriebsstätten, für die jeweils Betriebsräte gewählt wurden, die den antragstellenden Gesamtbetriebsrat gebildet haben. Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Arbeitgeberin ist insbesondere der Handel mit Sorten an Bahnhöfen und Flugplätzen. Ende August 2006 forderte die Arbeitgeberin alle bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer auf, ein aktuelles Führungszeugnis sowie eine Schufa-Auskunft vorzulegen und wies darauf hin, dass sie diese Unterlagen alle zwei Jahre benötige. Nachdem der Gesamtbetriebsrat Mitbestimmungsrechte gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG geltend gemacht hatte, ließ die Arbeitgeberin die Forderung von Schufa-Auskünften fallen, blieb jedoch bei ihrer an alle Arbeitnehmer gerichtete Anforderung von polizeilichen Führungszeugnissen.
Mit dem vorliegenden, am 06.10.2006 anhängig gemachten einstweiligen Verfügungsverfahren im Beschlussverfahren hat der Gesamtbetriebsrat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin verletze mit ihrem Vorgehen sein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und hat die Ansicht vertreten, zur Wahrung seiner Rechte auch im einstweiligen Verfügungsverfahren vorgehen zu dürfen.
Er hat beantragt,
1. der Beteiligten zu 2. aufzugeben, es zu unterlassen, von ihren bereits beschäftigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses zu verlangen, ohne dass zuvor der Beteiligte zu 1. zugestimmt hat oder der Spruch der Einigungsstelle die Zustimmung ersetzt hat;
2. der Beteiligten zu 2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1. ein Ordnungsgeld anzudrohen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat gemeint, zu ihrem Vorgehen gesetzlich verpflichtet zu sein. Sie hat darauf hingewiesen, dass sie gem. § 14 GwG i.V.m. den einschlägigen Verlautbarungen des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen (vom 30.12.1997 bzw. vom 30. März 1998) verpflichtet sei, die Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiter zu prüfen und das Ergebnis zu dokumentieren. Da dies nur mittels der Einholung polizeilicher Führungszeugnisse möglich sei, bestehe für die vom Gesamtbetriebsrat begehrte mitbestimmte Regelung kein Spielraum. Weiter hat er die Auffassung vertreten, sein Vorgehen unterfalle nicht dem Tatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, da es das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter betreffe, die nach den Vorschriften des Kreditwesengesetzes bzw. des Geldwäschegesetzes ihre Tätigkeit nur erbringen dürften, wenn ihre Zuverlässigkeit geprüft und nachgewiesen sei. Schließlich hat die Arbeitgeberin gemeint, dem Gesamtbetriebsrat fehle der erforderliche Verfügungsgrund.
Mit am 19.10.2006 verkündetem Beschluss hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main - 19 BVGa 667/06 - der Arbeitgeberin die vom Gesamtbetriebsrat beantragte Unterlassung aufgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Gesamtbetriebsrat stehe ein Verfügungsanspruch in Form eines allgemeinen Unterlassungsanspruchs wegen Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu. Einem solchen Anspruch stehe der Gesetzesvorrang gem. § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG nicht entgegen. Die Verpflichtungen der Arbeitgeberin gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 GwG sowie gem. §§ 25 a und 44 c KWG regelten keine Verpflichtung, von Arbeitnehmern polizeiliche Führungszeugnisse zu verlangen. Die genannten Vorschriften beließen den Betriebsparteien auch hinreichenden Regelungsspielraum zur Gestaltung des Inhalts einer entsprechenden Vereinbarung. Schließlich betreffe die Maßnahme der Arbeitgeberin auch eine Frage der betrieblichen Ordnung und nicht etwa die Art und Weise der Arbeitsleistung. Mit dem polizeilichen Führungszeugnis solle nämlich Auskunft über (erhebliche) Vorstrafen der Arbeitnehmer und damit über die Geeignetheit für die berufliche Tätigkeit gegeben werden. Damit gehe es um die Überprüfung des ordnungsgemäßen Arbeitsverhaltens und die Mitwirkung an der Aufklärung hierüber. Für diese Fälle - Ausfüllen von Formularen bei einem Arztbesuch, Anordnung formalisierter Krankengespräche - habe das Bundesarbeitsgericht die Regelung des Ordnungsverhaltens angenommen. Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes hat das Arbeitsgericht damit begründet, dass ohne Erlass der beantragten Verfügung der gesetzlich bezweckte Schutz der Arbeitnehmer unwiederbringlich vereitelt werde. Mit am 26.10.2006 verkündetem Beschluss hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Gesamtbetriebsrats auf Androhung eines Ordnungsgeldes entsprochen. Wegen der vollständigen Gründe der angefochtenen Entscheidung wird auf deren S. 4 10 (Bl. 60 - 66 d.A.) bzw. 3 - 5 (Bl. 111 - 113 d.A.) Bezug genommen.
Gegen diese am 24. bzw. 30.10.2006 zugestellten Beschlüsse wenden sich die am 25. bzw. 30.10.2006 eingelegten und zugleich begründeten Beschwerden der Arbeitgeberin. Sie meint weiter, das Begehren des Gesamtbetriebsrats sei in einen Globalantrag gefasst, der Fallgestaltungen einschließe, bei denen das in Anspruch genommene Recht unstreitig nicht bestehe. Gemäß § 14 Abs. 4 GwG könne nämlich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gegenüber der Arbeitgeberin die Anordnung treffen, polizeiliche Führungszeugnisse ihrer Mitarbeiter einzuholen. Für diesen Fall wäre sie aufgrund der Tenorierung durch das Arbeitsgericht gehalten, zuvor die Zustimmung des Gesamtbetriebsrats einzuholen. Darüber hinaus mache sie, die Arbeitgeberin unstreitig die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses zur Einstellungsvoraussetzung. Auch enthalte § 19 des von ihr verwandten Arbeitsvertragsmusters die Verpflichtung für den Arbeitnehmer, die Einleitung von Verfahren wegen einer beruflich einschlägigen Straftat umgehend anzuzeigen. Der Tenor des arbeitsgerichtlichen Beschlusses hindere sie nun, entsprechend zu verfahren und stelle einen eklatanten Eingriff in die Vertragsfreiheit dar. Jedenfalls sei die Tenorierung insoweit zu unbestimmt im Sinn des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auch in der Beschwerde ist die Arbeitgeberin der Auffassung, die Verpflichtungen gemäß Geldwäschegesetz und Kreditwesengesetz sowie die darauf basierenden Verlautbarungen des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen stellten gesetzliche Regelungen im Sinn des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG dar. Mit ihrer Anforderung von polizeilichen Führungszeugnissen habe sie lediglich diese zwingenden aufsichtsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich des Nachweises der Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiter erfüllt. Schließlich meint die Arbeitgeberin, dass auch der Tatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht betroffen sei, da die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses "Nebenvoraussetzung" dafür sei, dass ein Arbeitnehmer bei ihr seine Arbeitsleistung überhaupt erbringen könne, da er "zuverlässig" im Sinn der genannten Vorschriften sein müsse.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 19. und 26.10.2006 - 19 BVGa 667/06 - aufzuheben und den Antrag des Beteiligten zu 1. auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Gesamtbetriebsrat beantragt,
die Beschwerden der Beteiligten zu 1. zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtenen Beschlüsse und weist insbesondere darauf hin, dass es weder eine gesetzliche noch eine aufsichtsrechtliche Verpflichtung gebe, polizeiliche Führungszeugnisse von allen Mitarbeitern - unabhängig davon, ob sie überhaupt Geldgeschäfte für die Arbeitgeberin tätigten, anzufordern. Diesbezüglich gebe es keine abschließende, Gestaltungsspielräume ausschließende Regelung. Die Maßnahme der Arbeitgeberin betreffe auch die Ordnung des Betriebs im Sinn des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, weil die Mitarbeiter der Arbeitgeberin durchaus in der Lage seien, ihre Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringe, ohne dass ein entsprechendes Führungszeugnis vorliegt.
Wegen des vollständigen Vortrags der Beteiligten im Beschwerderechtszug wird ergänzend auf den Inhalt der Schriftsätze der Arbeitgeberin vom 25.10.2006 (Bl. 125 - 131 d.A.), vom 27.10.2006 (Bl. 156 - 158 d.A.), vom 30.10.2006 (Bl. 177 - 179 d.A.) sowie vom 01.11.2006 (Bl. 194 f. d.A.) und die Schriftsätze des Gesamtbetriebsrats vom 31.10.2006 (Bl. 186 f. d.A.) Bezug genommen.
Die Kammer hat mit Beschluss vom 03.11.2006 die Beschwerden der Arbeitgeberin vom 25.10. und 30.10.2006 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
II.
Die zulässigen Beschwerden der Arbeitgeberin sind unbegründet.
Der Gesamtbetriebsrat kann von der Arbeitgeberin verlangen, dass sie es unterlässt, von ihren bereits beschäftigten Arbeitnehmern die Vorlage polizeilicher Führungszeugnisse zu verlangen, solange er, der Gesamtbetriebsrat dem nicht zugestimmt hat oder seine fehlende Zustimmung durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG i.V.m. §§ 85 Abs. 2 ArbGG, 935, 940 ZPO). Dies hat das Arbeitsgericht mit den angefochtenen Beschlüssen zutreffend festgestellt.
1. Der Gesamtbetriebsrat hat den für sein Begehren erforderlichen Verfügungsanspruch, da die Arbeitgeberin seine Rechte gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verletzt, wenn sie von allen Arbeitnehmern polizeiliche Führungszeugnisse anfordert.
a) Der vom Betriebsrat gestellte Antrag zu 1. ist als Globalantrag nicht unbegründet.
Nach der von der Beschwerdekammer befolgten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 18.09.1991 - 7 ABR 63/90 - DB 1992, S. 434 f.) ist ein auf die Unterlassung einer bestimmten Handlung gerichteter Antrag, der sich einschränkungslos auf alle denkbaren Fallgestaltungen erstreckt (Globalantrag), unbegründet, wenn er auch nur einen Sachverhalt mit umfasst, bei dem das begehrte Recht nicht oder nicht einschränkungslos besteht. Die Arbeitgeberin hat keinen Sachverhalt aufgezeigt, bei dessen Vorliegen nach gegenwärtiger Rechtslage der vom Gesamtbetriebsrat geltend gemachte Anspruch nicht bestünde.
Zwar weist die Arbeitgeberin zutreffend darauf hin, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gem.. § 14 Abs. 4 i.V.m. § 16 GwG die Anordnung treffen könnte, von allen Arbeitnehmern polizeiliche Führungszeugnisse anzufordern. Es mag auch zutreffen, dass die Arbeitgeberin an eine entsprechende Anordnung gebunden wäre. Dies führt aber nicht zu einer Einschränkung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bereits zum jetzigen Zeitpunkt, zu dem eine solche aufsichtsrechtliche Weisung unstreitig noch nicht besteht. Sollte eine entsprechende Maßnahme der BaFin nach Ergehen dieses Beschlusses erfolgen, so hätte sich nachträglich die Rechtslage geändert. Einem solchen Umstand wäre gem. §§ 85 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 927 ZPO infolge veränderter Umstände Rechnung zu tragen. Die Befürchtung der Arbeitgeberin, sie sei für diesen Fall nur mit Zustimmung des Betriebsrats in der Lage, aufsichtsrechtlichen Anordnungen zu entsprechen, besteht daher nicht.
Auch die Praxis der Arbeitgeberin, bei Neueinstellungen von den Stellenbewerbern polizeiliche Führungszeugnisse zu verlangen, rechtfertigt nicht die Annahme, der Gesamtbetriebsrat habe einen unbegründeten Globalantrag gestellt. Der von der Arbeitgeberin angesprochene Sachverhalt ist von der Antragstellung und der Tenorierung des Arbeitsgericht eindeutig nicht erfasst. Danach wird der Arbeitgeberin nämlich nur aufgegeben, "von ihren bereits beschäftigten Arbeitnehmern" keine polizeilichen Führungszeugnisse zu verlangen.
b) Dem vom Betriebsrat in Anspruch genommenen Mitbestimmungsrecht steht auch keine gesetzliche Regelung im Sinn des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG entgegen.
§ 14 Abs. 1 und 2 GwG verpflichten die Arbeitgeberin als Finanzdienstleistungsinstitut (§ 1 Abs. 1 a KWG i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 4 GwG) sicherzustellen, dass Beschäftigte, die befugt sind, bare oder unbare Finanztransaktionen durchzuführen, zuverlässig sind (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 GwG). Diese gesetzliche Regelung schreibt nicht vor, in welcher Weise diese Sicherstellung zu erfolgen hat. Keineswegs kommt ausschließlich die einmalige oder in einem bestimmten zeitlichen Rhythmus wiederholte Anforderung polizeilicher Führungszeugnisse in Betracht, um der gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen.
Auch wenn man zutreffenderweise als gesetzliche Regelungen im Sinn des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG auch alle zwingenden Rechtsnormen anderer Art sowie Verwaltungsakte und Anordnungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder Ermächtigungen insbesondere im Bereich des öffentlichen Rechts ansieht (vgl. Fitting u.a., BetrVG, 23. Aufl. 2006, § 87 Rn 29 - 31 mit Rechtsprechungshinweisen), so ergibt sich nichts anderes.
Nummer 43 der Verlautbarung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen (BAKred) über Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche vom 30.12.1997 regelt auch für die Arbeitgeberin im Einzelnen verbindlich, wie die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3 GwG zu gewährleisten ist. Nach einer vorangestellten Definition der "Zuverlässigkeit" in diesem Sinn enthält die Verlautbarung in Nr. 39 im letzten Absatz folgenden Wortlaut:
"Die Zuverlässigkeitsprüfung kann bei Begründung des Dienst- und Arbeitsverhältnisses beispielsweise durch Heranziehung des Lebenslaufes, der Zeugnisse und/oder Referenzen erfolgen. Während des Dienst- und Arbeitsverhältnisses lässt sich die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter einerseits laufend durch die Beurteilung des Vorgesetzten, andererseits durch Arbeitszeugnisse und sonstige Kontrollinstrumente überprüfen. Die Ergebnisse der Zuverlässigkeitsprüfung sind zu dokumentieren ..."
Danach ist ersichtlich, dass die Einholung polizeilicher Führungszeugnisse keineswegs zwingend, ja nicht einmal als Möglichkeit zur Sicherstellung der Zuverlässigkeit erwähnt ist.
Soweit die Arbeitgeberin sich auf Kommentierungen zu § 35 GewO bezieht, wonach die "Zuverlässigkeit" ein Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum sei, kann dem zugestimmt werden, ohne dass damit zugleich gesagt ist, in welcher Weise ausschließlich die Zuverlässigkeit eines Mitarbeiters zu prüfen und sicherzustellen ist. Ähnliches gilt für den Hinweis der Arbeitgeberin auf Kommentierungen zu § 14 GwG. Auch wenn man der Auffassung folgt, dass im Allgemeinen derjenige nicht als zuverlässig gelten kann, der Straftaten mit einem Bezug zur auszuübenden Tätigkeit begangen hat, bedeutet dies doch nicht, dass ausschließlich die Einholung von Führungszeugnissen gem. § 32 BZRG geeignet und daher zwingend ist, um den Verpflichtungen gem. § 14 GwG zu genügen.
Nach alledem ist nicht ersichtlich, dass eine gesetzliche Regelung im Sinne des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG oder eine ihr gleichzustellende rechtsverbindliche Verpflichtung zur Einholung von polizeilichen Führungszeugnissen zwingt und daher der Ausübung von Mitbestimmungsrechten gem. § 87 Abs. 1 BetrVG entgegensteht.
c) Die Aufforderung der Arbeitgeberin an alle ihre Arbeitnehmer, polizeiliche Führungszeugnisse vorzulegen, betrifft eine Frage der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb im Sinn des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (beispielsweise Beschluss vom 11.06.2002 - 1 ABR 46/01 - NZA 2002, S. 1299 f.), ist Gegenstand dieses Mitbestimmungstatbestandes das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Zur Gestaltung der Ordnung des Betriebs zählen sowohl verbindliche Verhaltensregeln als auch Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die vorgegebene Ordnung des Betriebs zu gewährleisten und aufrechtzuerhalten. Soweit die genannte Vorschrift auch das "Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb" der Mitbestimmung unterwirft, bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (a.a.O.) einer einschränkenden Auslegung, da das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechts von einer Beteiligung des Betriebsrats frei sein soll. Dieses mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten betrifft danach alle Regeln und Weisungen, die bei der Erbringung der Arbeitsleistung selbst zu beachten sind. Es ist berührt, wenn der Arbeitgeber kraft seiner Organisations- und Leitungsmacht näher bestimmt, welche Arbeiten auszuführen sind und in welcher Weise dies geschehen soll. Mitbestimmungsfrei sind deshalb solche Anordnungen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und damit abgefordert wird.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die Anordnung der Arbeitgeberin nicht das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten betrifft:
Dies ergibt sich zunächst daraus, dass die Arbeitgeberin unterschiedslos von all ihren Arbeitnehmern unabhängig von deren konkreter Tätigkeit die Vorlage von Führungszeugnissen verlangt. Ein Bezug der Anordnung zur konkret geschuldeten Arbeitsleistung der betroffenen Mitarbeiter ist nicht erkennbar. Zu Unrecht beruft sich die Arbeitgeberin zur Rechtfertigung der Mitbestimmungsfreiheit ihres Vorgehens darauf, lediglich die Sicherstellung der Zuverlässigkeit im Sinn des § 14 Abs. 2 Nr. 3 GwG als Voraussetzung zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung sicherstellen zu wollen. Nach der genannten gesetzlichen Vorschrift besteht diese Verpflichtung nämlich lediglich bezüglich derjenigen Beschäftigten, die befugt sind, bare und unbare Finanztransaktionen durchzuführen. Unstreitig richtete sich die Aufforderung der Arbeitgeberin aber auch beispielsweise an Mitarbeiter im Marketing und in der Personalverwaltung. Der objektive Regelungszweck ihres Vorgehens, auf den es allein ankommt (BAG, a.a.O.) war daher nicht auf die Gestaltung des Arbeitsverhaltens gerichtet.
Hinzu kommt, dass durch die Maßnahme der Arbeitgeberin in empfindlicher Weise in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Arbeitnehmer eingegriffen wird. Schutzzweck der Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist aber gerade dieses Persönlichkeitsrecht (Fitting, a.a.O., mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hierzu). Den Arbeitnehmern wird mit der Anordnung der Arbeitgeberin nämlich angesonnen, ihr strafrechtliches Verhalten nicht nur insoweit offen zu legen, als es für die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit von Belang sein könnte. Vielmehr sind alle nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes vermerkten Straftaten offen zu legen. Zugleich verlangt die Arbeitgeberin damit Auskünfte über ein Verhalten ihrer Arbeitnehmer außerhalb des Arbeitsverhältnisses. Denn Straftaten, die ein Arbeitnehmer ggf. während seiner Tätigkeit bei ihr begangen hat, wären ihr ohnehin bekannt. Daraus wird deutlich, dass das Verlangen der Arbeitgeberin, selbst wenn es sich lediglich an die für Finanztransaktionen zuständigen Arbeitnehmer gerichtet hätte, nur einen begrenzten Bezug zu deren Arbeitsverhalten aufgewiesen hätte. Da die Aufforderung der Arbeitgeberin zur Vorlage von polizeilichen Führungszeugnissen sich im vorliegenden Fall aber ausnahmslos an alle Mitglieder der Belegschaft richtete, musste die Frage nicht entschieden werden, ob auch bei Inanspruchnahme nur des genannten eingeschränkten Personenkreises der Finanztransaktionsberechtigten ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestanden hätte.
Aufgrund der Erörterungen im Anhörungstermin vor der Kammer ergab sich zudem, dass die Aufforderung zur Vorlage von polizeilichen Führungszeugnissen sich deshalb an alle Mitarbeiter richtete, weil für den Fall einer Auswahl einzelner Personengruppen - etwa der Kassenmitarbeiter - ein Gefühl der Ungleichbehandlung hätte aufkommen können. Dies macht deutlich, dass die konkret von der Arbeitgeberin durchgeführte Maßnahme in ihrer Ausgestaltung auf das Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer und damit die mitbestimmungspflichtige betriebliche Ordnung gerichtet war.
Dieser Beurteilung steht das von der Arbeitgeberin im Schriftsatz vom 27.10.2006 zitierte Schreiben des BAKred vom 30.01.1997 nicht entgegen. Wenn es dort heißt, dass mit der Überprüfung der Zuverlässigkeit der Mitarbeiter und der anschließenden Dokumentation der Beurteilungsergebnisse nicht die Ordnung für das Zusammenleben oder Zusammenwirken der Arbeitnehmer im Betrieb gestaltet werde, so trifft dies in dieser Allgemeinheit wohl zu. Wenn allerdings die Arbeitgeberin diese beschriebenen Tätigkeiten wie im hier konkret vorliegenden Fall durch die an alle Arbeitnehmer gerichtete Aufforderung, ausnahmslos polizeiliche Führungszeugnisse vorzulegen umzusetzen gedenkt, gilt etwas anderes. Dann nämlich geht die Arbeitgeberin aus den oben dargelegten Gründen weit über den mitbestimmungsfreien Bereich einer Regelung des Arbeitsverhaltens hinaus.
2.
Auch der gem. § 85 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund steht dem Gesamtbetriebsrat zur Seite.
Das Beschwerdegericht folgt insoweit ausdrücklich den Gründen der angefochtenen Entscheidung und macht sie sich in entsprechender Anwendung von § 69 Abs. 2 ArbGG zu Eigen. Es bleibt dabei, dass ohne die begehrte einstweilige Verfügung die Verwirklichung des dem Gesamtbetriebsrat zustehenden Mitbestimmungsrechts gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG im Sinn von § 935 ZPO vereitelt worden wäre.
Gegen diese kostenfreie ergehende Entscheidung (§ 2 Abs. 2 GKG) ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 92 Abs. 1 Satz 3 ArbGG).
Ende der Entscheidung
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